Schwanengesang

Schwanengesang

Wir Schwimmer sitzen ja derzeit auf dem Trockenen. In Ermangelung anderer Alternativen und als Vorbeugung gegen einen Bewegungsmangel-Schock meines Körpers bin ich zu der wahrscheinlich ältesten Form athletischer Betätigung zurückgekehrt: dem Laufen. Das hört sich ja erst mal nicht so schwierig an, immerhin muss man nur einen Fuß vor den anderen setzen und das halt etwas schneller als beim Gehen.

Für jemanden, der früher regelmäßig turnbeschuht durch die Gegend gesprungen ist, kann das überhaupt kein Problem sein – dachte ich. Aber schon nach den ersten paar hundert Metern war ich da nicht mehr so sicher, nach ein paar Kilometern völlig am Ende und nach dem Monster-Muskelkater am Tag danach davon überzeugt, dass mein Muskelanzug für diese Sportart nicht gerade maßgeschneidert ist.

Nach dem Monster-Muskelkater am Tag danach davon war ich überzeugt, dass mein Muskelanzug für diese Sportart nicht gerade maßgeschneidert ist.

Ein bisschen ist das so wie mit dem Schwan, der am Land etwas unbeholfen dahinwatschelt, im Wasser dagegen ein Musterbeispiel für Eleganz abgibt. Gut, dieser Vergleich hinkt insofern, dass ich mich maximal an Land mit dem Schwimmvogel messen kann: Unser beider Schritte wirken so, als ob der Körper einfach zu schwer ist, um von den Beinen schnell fortbewegt zu werden. Die ungleiche Kraftverteilung versuchen wir mit einer ungelenken Drehbewegung im Körperschwerpunkt auszugleichen und zur drastischen Veranschaulichung dieser enormen Anstrengung halten wir den Kopf gesenkt – der Schwan vermutlich, um nach schmackhaften Bröseln am Boden Ausschau zu halten, ich, um die potenzielle Auflagefläche für meinen gesamten Körper schon mal im Auge zu haben.

Nein, es ist kein schöner Anblick, wenn ich so über die Feldwege trampele und es fühlt sich auch nicht so an. Im Ernst: Wenn ich beim Laufen so aussehe wie ich mich fühle, wundert es mich nicht, dass jeder, der mir begegnet, meterweit auf Abstand geht. Jetzt kann ich das ja noch auf die Ansteckungsgefahr schieben, die es zu vermeiden gilt, aber ich fürchte, das Verhalten ändert sich auch nach der Krise nicht. Aber dann darf ich ja auch wieder ins Wasser zurück.

Artikel teilen auf: