Danke für alles, euer Virus

Übrigens wollten wir keinen von euch umbringen. Unser Motto ist eher „leben und leben lassen“, weil wir uns ja in eurer schleimigen Innenarchitektur extrem wohl fühlen. Deshalb sind wir Corona-Viren froh, dass ihr jetzt ein Gegenmittel entwickelt habt, das nicht ganz gegen uns ist. Ich meine, unsereins ist ja anpassungsfähig und mit dem Zeug können wir gut leben – und ihr ja offenbar auch. So steht doch im Grunde einer friedlichen Koexistenz nichts mehr im Wege, oder?

Die Masken könnt ihr gerne auflassen, die stören uns nicht sonderlich. Ihr seht zwar total doof aus, aber wenn ihr meint, dass ihr dadurch geschützt seid, lasst euch nicht aufhalten. Wir tun das auch nicht. Was das mit den anderen Regeln auf sich hat, habe ich bis heute nicht verstanden – 2G, 3G, 2Gplus? Keine Ahnung! Ihr sperrt uns ja auch wirklich nur sehr selektiv aus. In der Oper, im Kino, im Theater, im Schwimmbad oder im Fitness-Studio waren wir auch vorher schon nicht zugange und dort, wo sich wirklich viele von euch tummeln, hatten wir die ganze Zeit Zugang.

Apropos: Ich und meine Spezln haben jetzt ein neues Hobby: Skifahren. Das ist eine Fetzengaudi, darum sind jetzt auch ganz viele von uns im Gebirge. Vor allem im berühmten Kitzbühel, in St. Johann im Pongau und in Flachau gefällt’s uns total gut. Ah, die gute Bergluft! Während ihr die in eure Lungen pumpt, kuscheln wir ganz gemütlich in eurer Nase oder eurem Rachen. Wenn ihr dann zu Tausenden am Lift ansteht oder in den Gondeln gemütlich beieinanderhockt, machen wir über unsere Luftstraßen Ausflüge in fremde Schleimhaut-Welten. So richtig griabig finden wir’s übrigens auf der Hütt’n. Da kontrolliert zum Glück auch keiner so genau, ob wir in euch sind oder nicht. Und drinnen dampft ihr dann vor euch hin, quetscht euch auf den Bankerln aneinander und steht für Jagertee Schlange – gut so, den mögen wir auch!

Auch das Fliegen ist eine tolle Erfindung von euch. Wohin die Reise auch geht, wir sind mit an Bord. Da könnt ihr testen, soviel ihr wollt. Wir wissen inzwischen: Wenn das Wattestäbchen naht, schnell ein sicheres Versteck aufsuchen. Na ja, und ihr wisst ja, was passiert, wenn man mit seinesgleichen so nah beieinander unter einer Decke steckt. Da vermehren wir uns wie die Menschen (ja, ich weiß, ihr sagt „wie die Karnickel“, aber die können euch in der Disziplin nicht das Wasser reichen). Und, huch, am Ende des Fluges ist dann aus den Passagieren ein Neuperlach für uns Viren geworden. Wunderbar!

Bei der Herstellung der Tests, die ihr fast schon an jeder Ecke kaufen könnt, sind bestimmt ein Paar unserer Verwandten beteiligt. Anders jedenfalls kann ich es mir nicht erklären, dass ihr uns mit diesen Dingern praktisch nicht aufspüren könnt. Für uns ist das perfekt: Wir können uns ganz entspannt bei euch einnisten, während euch ein billiges Plastikdrum vorgaukelt, dass eure Nasen und Rachen praktisch unbewohnt sind. Großartig!

Außer als gastfreundliche Wirte seid ihr Menschen uns erstens völlig egal und zweitens ein Rätsel. Wir an eurer Stelle würden uns eher Sorgen um unser Zuhause machen, das ihr langsam aber sicher kaputtmacht. Kleiner Hinweis: Das wäre uns fast auch passiert, aber davor habt ihr uns bewahrt. Einerseits durch eure schiere Masse – 8 Milliarden, meine Güte! Da wird ja so mancher unserer weitläufigen Verwandten grün vor Neid. Andererseits habt ihr einen Impfstoff entwickelt, der euch zwar nicht vor uns schützt, aber zumindest vor den Radikalen unter uns, die vor lauter Expansionszwang in euren Lungen wüten. Tja, wenn ihr doch so schlau seid, warum baut ihr dann keinen Impfstoff gegen eure eigene Zerstörungswut? Ah, Moment, ich glaube da habt ihr sogar einen Spruch auf Lager: Gegen Dummheit ist kein Kraut gewachsen. Na dann…